Am perfekten Trinkwasser arbeitet Diana Hüttner als Projektleiterin bei SachsenEnergie jeden Tag. Für Andrea Bindel von der Hilfsorganisation arche noVa – Initiative für Menschen in Not e.V. ist die Aufgabe eine andere: Menschen helfen, überhaupt Wasser zu haben.
Was steht bei Ihnen beim Essen auf dem Tisch – Leitungswasser oder Mineralwasser?
Diana Hüttner: Bei uns zuhause trinken wir Leitungswasser, am liebsten gesprudelt. Und ich gebe gern noch eine Scheibe Zitrone in die Karaffe und etwas Pfefferminze aus dem Garten.
Andrea Bindel: Bei uns steht ebenfalls Leitungswasser auf dem Tisch. Allerdings bevorzuge ich die Aktivkohlefilterung. Und auch gerne mit frischer Zitrone.
Wozu der Filter?
Bindel: Ich denke, man kann selbst das sehr hochwertige Trinkwasser, das wir hier in Deutschland haben, noch um einen Hauch verbessern. Durch die Hausanschlussleitungen könnten ja wieder Verunreinigungen entstehen.
Hüttner: Bei uns in Dresden ist es definitiv nicht notwendig, das Wasser mit einem Filter zuhause aufzubereiten. Die Qualität ist einwandfrei, das Wasser frisch und auch wirklich nur relativ kurz in der Leitung.
In Deutschland ist es selbstverständlich, dass perfektes Wasser aus der Leitung fließt. Vielleicht zu selbstverständlich?
Bindel: Einfach den Hahn aufdrehen und es kommt Wasser. Das ist für uns ganz normal. Anderswo gibt es diesen Luxus nicht. Wir von arche noVa arbeiten in Regionen, in denen Wasser Mangelware ist. Manchmal sind wir froh, wenn es uns gelingt, zehn Liter trinkbares Wasser pro Tag und Person zur Verfügung zu stellen.
Hüttner: In Deutschland gehört die Trinkwasserversorgung zur Daseinsvorsorge – in ausreichender Menge und Qualität. Das ist gesetzlich geregelt. SachsenEnergie hat sich gegenüber der Landeshauptstadt Dresden zur Erfüllung dieser Aufgabe verpflichtet. Das machen wir gerne. Und wir sorgen dafür, dass dieser Qualitätsanspruch tagtäglich gewährleistet ist.
Frau Bindel, was würden Sie im weltweiten Vergleich sagen: Wie viele Menschen haben Zugang zu einer so guten Wasserversorgung wie hier in Sachsen?
Bindel: Das lässt sich nicht exakt beziffern. Global betrachtet, hat höchstens einer von vier Menschen Zugang zu sicherem Wasser wie wir hier. Die Anzahl derer, die über keine sichere Wasserversorgung verfügen, ging in den letzten Jahren um 193 Millionen zurück. Das ist auch ein Erfolg der nachhaltigen Entwicklungsziele.
Hat Wasserwirtschaft studiert und Anfang der 1990er Jahre den Verein arche noVa mit gegründet, der sich für eine bessere Wasserversorgung und Hygiene in benachteiligten Regionen der Erde einsetzt. Bei arche noVa ist sie zuständig für globale Nothilfe und das Thema WASH, also Wasser, Sanitär und Hygiene.
Wie kam es dazu, dass Sie das Wasser zu Ihrem Beruf gemacht haben?
Hüttner: Ich habe in Leipzig Wirtschaftsingenieurswesen studiert und zwölf Jahre in einem Ingenieurbüro vor allem am Thema Trinkwasser gearbeitet, bevor ich dann zu SachsenEnergie kam. Die Trinkwasserversorgung ist ein hochkomplexer Prozess, der meistens unbemerkt im Hintergrund abläuft. Die Herausforderung, dies mitzugestalten, fand ich immer interessant.
Bindel: Ich war damals, vor der Wende, im Umweltschutz aktiv. Aber Ökologie konnte ich in der DDR nicht studieren. Wasserwirtschaft war das Nächstliegende, weil Wasser Einfluss auf das große Ganze hat, auf die Ökosysteme, auf das Klima, aufs ganze Leben sozusagen. Für mich war es das einzige Fach, wo ich die Dinge lernen konnte, die mich interessierten.
Und wie kamen Sie zu arche noVa?
Bindel: Ich kam nicht zu arche noVa, ich habe sie mitgegründet. Der Verein ist 1992 aus einer Bürgerbewegung entstanden, die während des Irakkrieges Hilfsgüter nach Kurdistan brachte. Wir kamen am Berg Ararat vorbei, auf dem die biblische Arche Noah gestrandet sein soll. Wir wollten eine neue Arche, nicht religiös und offen für alle. Deshalb arche noVa.
Welche Projekte haben Sie aktuell?
Bindel: Wir führen Projekte in 16 Ländern, im Mittleren Osten, in Kenia bauen wir zum Beispiel Sanddämme, die saisonal Flusswasser zurückhalten, reinigen und speichern, so dass es in der Trockenzeit zum Trinken und in der Landwirtschaft ge- nutzt werden kann.
Woran arbeiten Sie gerade, Frau Hüttner?
Hüttner: Ich bin in der Projektentwicklung des Geschäftsfeldes Wasser tätig. Aktuell beschäftigt uns der Aufbau einer Industriewasserversorgung im Norden von Dresden, für die geplanten Chipfabriken. Da geht es auch um das Abstimmen mit Be- hörden und die Genehmigung von Wasserrechten. Es sind große Mengen Wasser, die da künftig benötigt werden.
Müssen wir uns angewöhnen, Wasser zu sparen?
Hüttner: Grundsätzlich ist gegen das Wassersparen nichts einzuwenden. Besonders im Garten sind separate Systeme wie Zisternen sinnvoll, um nicht mit kostbarem Trinkwasser zu bewässern. Beim Kauf einer Waschmaschine oder eines Geschirrspülers kann man auf die Wassereffizienz achten. Man kann beim Zähneputzen den Wasserhahn auch mal zudrehen. Und beim Geschirrspülen muss das Wasser auch nicht die ganze Zeit laufen.
Bindel: Ich stelle nach dem Oma-Prinzip meine Schüssel ins Becken und gieße mit dem aufgefangenen Wasser die Blumen. Was mir wichtig ist und wo arche noVa viel leistet, ist die Aufklärung in den Schulen über den virtuellen Wasserverbrauch. Die Kinder sollen verstehen, dass man für ein Blatt Papier zehn Liter Wasser braucht, oder 1.700 Liter für eine Tafel Schokolade. Und dann das Färben! Wir verschmutzen in den Herstellungsländern das Grundwasser auf Generationen. Unser Einkaufsverhalten hat extremen Einfluss auf die Wasserversorgung im globalen Süden.
Studierte Wirtschaftsingenieurswesen und kümmert sich bei SachsenEnergie als Gruppenleiterin Projektentwicklung Wasser um die Entwicklung neuer, innovativer Ideen rund um die Wasserversorgung, aktuell vor allem um die Versorgung der wachsenden Chipindustrie im Dresden Norden.
Wie gut sind wir gerüstet, um der Herausforderung des schon spürbaren Klimawandels hier im Elbtal zu begegnen? Im vergangenen Jahr war die Entnahme von Wasser aus Flüssen und Bächen verboten. Und in den Talsperren gingen die Pegel nach unten. Reichen unsere Kapazitäten?
Hüttner: In Dresden haben wir die komfortable Situation, dass wir auf verschiedene Kapazitäten zurückgreifen können, sollte es wieder zeitweise zu Einschränkungen kommen. Auf die Talsperre Klingenberg haben wir allerdings keinen Einfluss, denn die wird vom Freistaat bewirtschaftet. Doch wir können das im Notfall ausgleichen und rechtzeitig reagieren, wenn nur noch eine reduzierte Menge zur Verfügung stehen sollte.
Bindel: Wassersparen und alles tun, um unnötige Verluste zu vermeiden, ist bei vielen unserer Projekte das Gebot der Stunde. Etwa bei der Bewässerung, da gibt es Methoden, um die Versickerung zu minimieren. Und wir pflanzen dann auch entlang der Bewässerungskanäle schnell wachsende Bäume, die nicht nur für die Nährstoffversorgung wichtig sind, sondern auch der Beschattung dienen.
Hüttner: Das erinnert mich daran, wie auch wir die Wasserverluste im Netz ganz erheblich verringern konnten. Zum Zeitpunkt der Wende waren sie relativ hoch, etwa bis zu 30 Prozent. Heute liefern wir pro Tag 124.000 Kubikmeter und davon gehen nur 4.000 verloren. Das sind etwa drei Prozent, ein wirklich ganz kleiner Anteil.
Bindel: In Ländern des globalen Südens ist Verdunstung ein Riesenproblem. Zum Glück muss man das Rad nicht immer neu erfinden. Im Jemen habe ich Bewässerungssysteme gesehen, die sind schon über 2.000 Jahre alt und funktionieren noch. Es gibt vieles, was wir von unseren Projektländern und Partnern lernen können. Besonders die sehr große Offenheit für neue Technologien und Herangehensweisen. Die Erfahrungen, die wir jetzt dort sammeln, können wir möglicherweise später auch hier nutzen.
Bewässerungssysteme können ganze Landschaften prägen. Was waren für Sie die schönsten Landschaften, die der natürliche Fluss des Wassers geformt hat?
Hüttner: Ich war einmal in Italien, in der Nähe der Amalfi-Küste, dort gab es einen fantastischen Tröpfchen-Wasserfall zu sehen. Die Sonne spiegelte sich darin und ein Regenbogen leuchtete.
Bindel: Für mich waren die Iguaza-Wasserfälle in Argentinien ähnlich überwältigend. Man steht nur da und überall um einen he- rum stürzt das Wasser in unterschiedlichsten Formationen in die Tiefe. Berührend fand ich auch noch einen Quellsee in Neuseeland. So sauberes Wasser habe ich nie wieder gesehen.
Und welchen Ort in der Nähe würden Sie für einen Ausflug ans Wasser empfehlen?
Hüttner: In meiner Heimat Sachsen die Talsperre Malter in der Nähe von Dippoldiswalde. Da kann man wandern, radfahren und vor allem fantastisch paddeln.
Und Ihr heimatlicher Tipp, Frau Bindel?
Bindel: Als Brandenburgerin kann ich allen empfehlen, entlang der Oder zu radeln. Das ist entspannend und wunderschön.
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